Brushless Motoren im Schiffsmodell

 

Im Bullauge 1/2010 hat Rüdiger im Artikel „Klugschackertag 2010“ über Brushlessmotoren folgende Aussage getroffen:

 

“Allerdings sind diese Antriebe für Dockmanöver nicht ideal, da langsamste Umdrehungen der

Antriebsschrauben nicht möglich sind“.

 

Diese Aussage ist so nicht ganz richtig und rührt sicherlich aus der Unkenntnis vom Aufbau und Funktionsweise eines Brushless Motors.

Dieses hat mich bewogen diesen Artikel zu schreiben. Dazu will ich erstmal etwas ausholen. Thomas Schultz und ich hatten auf der Modellbau- Ausstellung in Bremen im Jahre 2008 jeweils einen Baukasten des S-Boot vom Typ S-100 von Italerie erstanden.

Obwohl es eigentlich ein Standmodell ist, müsste es doch locker möglich sein dieses Boot ferngesteuert in entsprechender Geschwindigkeit zu bewegen. Also wurden noch jeweils 2 kräftige Bühler-Motoren gekauft.

Zu Hause angekommen wurde alles ausgepackt, die Wasserlinie angezeichnet und die Tragfähigkeit des Rumpfes ermittelt.

Die Ernüchterung folgte auf dem Fuße. Um auf Wasserlinie zu kommen, d.h. bis zum Wasserpass und nicht darüber, durfte das ganze Boot nur ca. 2600 g. wiegen. Allein der nackte Rumpf hat ein Gewicht von 600 g. Außerdem passten die Motoren vom Durchmesser her nicht in den Rumpf.

Also stellten Thomas und ich einige Überlegungen an, durchforsteten das Internet und landeten schließlich bei unseren Kollegen der fliegenden Zunft. Brushless Motoren war das Zauberwort. Kompakt, leicht und kraftvoll.

 

Aber wieso, es sind doch auch nur Elektromotoren?

 

Also wurden Fliegerzeitschriften gekauft und Informationen über diese Motorenart gesammelt.

Das Ergebnis: unterschiedliche Wirkungsweise und hochwertigere Materialien.

 

Der Gleichstrommotor:

Ungleichnamige Pole zweier Magnete ziehen sich an, gleichnamige stoßen sich ab. Lagert man einen Elektromagneten drehbar in dem Magnetfeld eines Permanentmagneten, kann sich der Elektromagnet je nach Polung des von ihm erzeugten eigenen Magnetfelds in der einen oder anderen Richtung drehen. Dies geht jedoch maximal so weit, bis die Spule im Magnetfeld des Permanentmagneten ausgerichtet ist. Um eine volle Drehung zu erreichen, muss man in dieser Stellung das Magnetfeld des Elektromagneten umpolen. Das erreicht man, indem man den Stromfluß in der Spule umkehrt. Dazu ist auf derselben Achse der sogenannte Kollektor montiert. Dies ist ein Schleifring, der die Ankerspule mit Strom versorgt. Der Schleifring ist in 2 Teile isoliert. Durch fest angebrachte Schleifkontakte, die sogenannten Kohlebürsten, wird die Versorgungsspannung übertragen. Gleichzeitig wechselt dadurch die Stromrichtung in der Ankerspule je nach Winkelstellung des Kollektors ihre Richtung.

 

Der Brushless Motor:

Dieser nutzt das gleiche Grundprinzip. Nur drehen sich in diesem Fall die Magneten (Anker). Entweder innen oder außen herum laufend (Inrunner oder Outrunner). Diese Magnete sind extrem kräftige Neodym- Magnete. Diese sind nicht mit herkömmlichen Magneten zu vergleichen. Ein Neodym-Magnet mit z.B. einem Durchmesser von 45mm und

einer Dicke von 15 mm kann eine Last von 100 Kg senkrecht nach oben heben. Eingebaut in Brushless-Motoren bewirken

sie eine ungeahnte Leistungssteigerung.

Im Motor befinden sich mindestens 3 kreisförmig angeordnete Spulen welche um 120 Grad verschoben sind. Da diese sich nicht mehr drehen müssen benötigt diese Motorenbauart keine Bürsten mehr um den Strom zu übertragen. Also sind sie

„Bürstenlos“. In Englisch “Brushless“.

Und jetzt kommt es: Der Regler bestromt nach und nach diese Spulen. Der Anker folgt nun rotierend dem entstehenden Magnetfeld. Deshalb hat ein Brushless Motor 3 Anschlüsse.

Ein, mal eben an eine Batterie anschließen ist nicht. Ohne Regler geht hier nichts !

Allerdings kann der Regler noch mehr.

Ein Brushless- Motor bzw. dessen Regler muss programmiert werden. Grundeinstellungen wie Auswahl der Spannungsquelle, Drehrichtung, Vorwärts - Rückwärts Betrieb kann man über den Steuerknüppel des

Fernsteuersenders machen. Da ist allerdings ziemlich fummelig.

Besser und einfacher geht es mit einem Programmer (Programmiergerät) oder Programmierkarte.

Leider hat jeder Hersteller für seine Regler eigene Programmer, die unter einander nicht austauschbar sind.

Mit diesem Teil kann man nicht nur die Grundeinstellungen durchführen sondern z. B. auch das Anlaufverhalten der Motoren, die Beschleunigung, das Vorlaufen des Drehfeldes in mehreren Schritten und auch eine Maximaldrehzahl einstellen. Es sind noch viele weitere Einstellungsmöglichkeiten vorhanden, die aber im Schiffsmodell nicht benötigt werden.

Man kann also die Regler/Motoren nicht so benutzen wie sie gekauft werden, sondern diese müssen individuell programmiert werden.

 

Dann kann man auch feinfühlige Dock-Manöver damit fahren !

 

Mit diesen Erkenntnissen haben wir uns aufgemacht und

passende Motoren und Regler gesucht.

Da die meisten Regler nicht über eine Vorwärts- und Rückwärtsfunktion (Reverse) verfügen sind wir letztendlich bei Robbe fündig geworden. Die Roxxy BL-Control 900 Serie ist dafür ausgelegt.

Inzwischen bieten auch andere Hersteller, Regler mit dieser Funktion an.

Was wir dann noch brauchten war ein passender Motor.

Durch eingehende und umfangreiche Berechnungen und Leistungsmessungen, auf die ich auf Grund ihrer Kompliziertheit nicht näher eingehen möchte, da sie sonst den Rahmen dieses Artikels sprengen würden, haben wir uns für die Robbe-Motoren Roxxy BL-Outrunner 2827-34 entschieden. Diese Motoren laufen nicht so schnell, wie die meisten dieser Bürstenlosen Antriebe. Mit 760 Umin/V können wir im Schiffsmodell leben.

 

Die technischen Daten lassen aufhorchen:

 

Abmessungen 28,8 mm x 29 mm

Gewicht 57 g inkl. Anschlusskabel und Befestigung

Max Laststrom 10 A

Wirkungsgrad 76 %

Wellenleistung 110 W (das ist eine ganze Menge für so einen Winzling)

 

Der passende Regler ist auch winzig klein und wiegt 15 g. Allerdings benötigt man pro Motor jeweils auch einen Regler.

So eine Antriebeinheit (Motor/Regler) liegt bei ungefähr 50,00 € (Stand 2010) und das mal zwei.

Ein Programmer kostet ca. 30,00 €

 

Die Motoren sind für den Betrieb mit Lipo Akkus ausgelegt. Allerdings lassen sie sich auch mit NC/NiMH Zellen betreiben.

 

Beide Motoren und die zwei Regler wiegen zusammen 144 g. Das

ist die Hälfte von dem, was einer der Bühler Motoren mit vergleichbarer Leistung wiegt.

Damit sind diese Antriebseinheiten ideal für schnelle Modelle, bei denen man auf das Gewicht achten muss.

 

Im Nachherein hat sich diese Antriebsauslegung, mit den voran gegangenen Berechnungen als Ideal erwiesen. Die Schnellboote gleiten mit vorbildgerechten Fahrbild über das Wasser und machen dabei riesig Spaß dabei.

 

Peter Böttcher

 

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